'Immer müssen Millionen müßige Weltstunden verrinnen, ehe eine wahrhaft historische, eine Sternstunde der Menschheit, in Erscheinung tritt.' Stefan Zweig hat beispielhaft vierzehn von ihnen in einer aus der Malerei übernommenen Form nachgezeichnet: als Miniatur. Sie lesen sich überaus anschaulich, plastisch und mitreißend, weil, wie er es nannte, hier die Geschichte selbst 'als Dichterin, als Dramatikerin waltet'. Seinen Ruhm aber hat dieses Buch vor allem begründet, weil diese Darstellung nun schon Generationen zu einem wirklichen, fast unmittelbaren Verständnis für Geschichte, der politischen ebenso wie der der Entdeckungen und der künstlerischen Leistungen, verholfen hat. Darin liegt ein unverlierbares Verdienst des dem Humanen verpflichteten Schriftstellers. Menschliche Größe und Schwäche, Schicksal und Charakter sind, so lehrt es diese Sammlung, die bestimmenden Faktoren unseres Lebens von jeher gewesen und werden es bleiben.
Ein Liebesbrief erreicht den Romancier und Lebemann R. an seinem einundvierzigsten Geburtstag - die leidenschaftliche Lebensbeichte einer Frau, deren Lebensmittelpunkt er war. Doch sie ist für ihn nur eine belanglose Geliebte unter vielen geblieben, letztlich eine Unbekannte. »Ich klage Dich nicht an, mein Geliebter, nein, ich klage Dich nicht an«, verspricht sie, und doch stellen ihre glühenden Worten das Leben dieses Mannes, der »nur das Leichte, das Spielende, das Gewichtlose« lieben kann und vor Bindungen zurückscheut aus »Angst, in ein Schicksal einzugreifen«, vollständig in Frage.
Dämonisch nenne ich die ursprünglich und wesenhaft jedem Menschen eingeborene Unruhe, die ihn aus sich selbst heraus, über sich selbst hinaus ins Unendliche, ins Elementarische treibt, gleichsam als hätte die Natur von ihrem einstigen Chaos ein unveräußerliches unruhiges Teil in jeder einzelnen Seele zurückgelassen, das mit Spannung und Leidenschaft zurück will in das übermenschliche, übersinnliche Element. Stefan Zweig
Stefan Zweigs grandiose Lebenserinnerungen bewahren literarisch eine für immer untergegangene Welt - die Welt der Sicherheit, Schönheit und Heiterkeit in den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg, deren strahlende kulturelle Hauptstadt Wien war. Stefan Zweig hat diese »Welt von Gestern« als Zeuge und hochsensibler Beobachter erlebt; sein Buch ist, weit über das Persönliche hinaus, ein einzigartiges Kompendium der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Zugleich ist es das Buch vom Schicksal seiner Generation - vom Wachsen der Schatten über Europa bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkriegs.